Eltern sein – Liebende bleiben

Vor jetzt schon mehr als 15 Jahren haben mein Mann und ich die Schönstatt Ehevorbereitung am Kahlenberg gemacht. Damals waren wir beeindruckt von den vortragenden Ehepaaren, aber ein bisschen wunderten wir uns über einen Tipp, der uns durch die Ehevorbereitung begleitet hat: das wöchentliche Ehegespräch. Warum wir uns wunderten? Weil wir ja die ganze Zeit miteinander im Gespräch waren – wenn man zu zweit ist, hat man als Paar wirklich viel Zeit sich miteinander auszutauschen und zu reden.

Nach unserer Hochzeit kündigte sich bald unser erstes Kind an und damit durchlebten wir eine Verwandlung zur Familie …. plötzlich hatten wir einen neuen Mittelpunkt in unserem Leben, um den sich alles drehte. Heute noch (mit mittlerweile 5 Kindern) gibt es Tage, da sind wir einfach müde, haben einen langen Arbeitstag hinter uns und dann hat keiner von uns beiden Lust zum Plaudern. Dann schläft vielleicht noch einer von uns beiden mit den Kindern ein. Oft sind auch die Kinder um uns herum und es ist fast unmöglich zu einem ungestörten Gespräch zu kommen. Ich merke aber, je weniger wir miteinander sprechen desto schlechter geht es uns in unserer Beziehung, desto mehr Streit haben wir… das kommt vor allem in sehr dichten Phasen vor, wo mein Mann viel arbeitet und spät nach Hause kommt und wir uns dann kaum sehen. Es kostet uns dann ganz viel Kraft, dass wir wieder miteinander ins Gespräch kommen. So wurde uns bald klar, warum bei der Ehevorbereitung das Gespräch so sehr im Mittelpunkt war.

Vor ein paar Tagen habe ich das neue Buch von Jesper Juul gelesen: „Liebende bleiben. Familie braucht Eltern, die mehr an sich denken.“ Er schreibt darin, dass das Beste, was Mütter und Väter für ihre Kinder  tun können, ist gut auf ihre Beziehung als Paar aufzupassen.  Dafür gibt es kein Geheimrezept.  Juul beobachtet, dass wenn erwachsene Paare plötzlich eine unstrukturierte und ungeplante Zeit miteinander haben, „wenn alles, was auf der Tagesordnung stand, besprochen ist, dann folgt einmal eine Stille und danach fangen beide an, sich Dinge zu erzählen, von denen sie gar nicht wussten, dass sie diese gedacht haben.“ Es tut also gut, sich einen Babysitter zu gönnen und ein paar Stunden einfach ungeplante Zeit miteinander zu verbringen. Eine Freundin erzählte mir, dass sich ihr Mann zum Geburtstag einen Tag nur mit ihr gewünscht hat. Sie haben ihre 4 Kinder zu den Großeltern gebracht und dann einen langen Spaziergang gemacht.  Auch wir beide haben diese Erfahrung bei langen Autofahrten gemacht … zuerst besprechen wir noch alles Organisatorische oder erzählen uns das Erlebte der letzten Woche und dann ist wirklich irgendwann einmal Stille  … wir beobachten die Landschaft und irgendwann erzählen wir uns unsere Beobachtungen, Gedanken, Gefühle, können miteinander lachen und es fühlt sich einfach gut an. Es ist, als ob zwei gute Freunde miteinander plaudern und nicht wie zwei gestresste Eltern.

Juul betont  in seinem Buch, dass es für das Zusammenleben als Eltern wichtig ist, welche Art von Beziehung wir führen. Denn Eltern zu sein ist anstrengend! Das gemeinsame wöchentliche Gespräch hilft uns, in Fühlung zu bleiben, es hilft uns, dass wir voneinander wissen, wie es uns geht, wie es uns mit den Kindern geht, es hilft uns, einander zu unterstützen, wenn wir grad anstrengende Zeiten im Beruf haben und uns den Rücken  stärken, es hilft uns, zu erfahren, wie mein Partner/meine Partnerin zu bestimmten Fragen denkt. Und oft hilft es uns, uns zurückzuerinnern, wie es war, als wir uns kennengelernt haben. Was war das Besondere an meinem Partner/meiner Partnerin?  Und auch das können wir uns gegenseitig erzählen und das Glitzern in den Augen unseres Partners dabei beobachten.

In unserer Zeit als Eltern ist es uns wichtig geworden, uns einen Babysitter zu leisten, und dadurch den Luxus der Zeit zu zweit  zu genießen, damit wir nicht nur Eltern sind, sondern als Paar Liebende und Freunde bleiben.