Hilfe, mein Kind schlägt!

Situation 1: Der 2jährige Tobi läuft auf Max, einen Buben seines Alters, zu und stößt ihn um. Max beginnt zu weinen, Tobi schaut ganz unschuldig und beide Mütter laufen zu ihren Kindern – das Opfer trösten und den Täter maßregeln: „Warum schmeißt du denn den Max um? Er hat dir doch nichts getan. Jetzt entschuldige dich bei ihm.“

Situation 2: Tante Maria möchte die 2jährige Emma wickeln. Sie steht aber da und schreit: „Nein, ich will das nicht!“ Gleichzeitig schlägt sie mit ihrer Hand der Tante ins Gesicht.

Situation 3: Onkel Franz kommt zu Besuch. Der 4jährige Jakob schleicht sich von hinten an und klopft dem Onkel auf den Popo. Unangenehmes Schweigen hüllt den Raum – die anwesenden Erwachsenen wundern sich über das Verhalten des Kindes. Wurde dem Burschen nicht beigebracht, wie man sich verhält und dass man andere nicht schlägt?

Kommen Euch solche Situationen bekannt vor? Verhalten sich Eure Kinder vielleicht auch so?

Schnell vorweggenommen: Falls ja, kein Grund zur Panik – im Alter zwischen 2 und 4 Jahren ist es völlig normal, wenn Kinder sich so benehmen. Es gibt sehr wenige Kinder, die ganz ohne hauen, kratzen, beißen auskommen. Bei manchen ist es mehr, bei anderen weniger. Menschen sind ja bekanntlich unterschiedlich temperamentvoll. Kinder schlagen aber meistens nicht um sich, weil sie böse sind oder uns ärgern möchten.

Warum also schlägt Tobi aus dem ersten Beispiel um sich? In dem Fall ist das Umstoßen ein Kommunikationsmittel. Viele Kinder (vor allem jene, die später zum Sprechen beginnen) kommunizieren oft körperlich. Eigentlich will Tobi nur sagen: „Hallo Max, ich will gerne mit Dir spielen.“ Als Mutter oder Vater kann ich meinem Kind helfen, in dem ich es begleite und sein Tun für andere übersetze. Also, wenn ich sehe, dass Tobi zu Max hinläuft, gehe ich mit, schnappe im richtigen Moment seine Hand und lenke diese zu einem Streicheln um. „O ich sehe, Du möchtest Max „Hallo“ sagen. Schau, so machen wir das.“ Oder „Möchtest Du mit Max spielen?“ Das ist natürlich ein wenig anstrengend für die Begleitperson – aber Kinder lernen schnell und brauchen hier unsere Hilfe, um mit anderen in Kontakt treten zu können. Kinder im Kleinkindalter sind sich ihrer Kräfte noch nicht so bewusst und weil sie ihre Bewegungen noch nicht ganz unter Kontrolle haben, wird ein Streicheln oft zu einem Schlag oder gar zu einem Umschmeißen. Hier hilft es auch, wenn Kinder mit ihren Eltern zu Hause oft raufen und toben können. Dadurch lernen die Kinder ihren Körper und ihre Kraft kennen.

Und warum schlägt Emma ihre Tante? Das Wickeln ist ein ganz intimer Bereich. Manchen Kindern ist es unangenehm, wenn andere Erwachsene außer ihren Eltern ihnen die Windeln wechseln. Emma möchte nur von Mama gewickelt werden. Sie weiß nicht, wie sie ihrer Tante noch klarmachen soll, dass sie nicht von ihr gewickelt werden möchte. Das Hinschlagen ist eine Strategie zur Problemlösung – sie weiß sich nicht anders zu helfen. Emma ist in der Situation überfordert, frustriert und in Not. Trösten und Verständnis zeigen ist die angemessene Reaktion des Erwachsenen.

Und nun zum 4jährigen Jakob: Jakob schlägt seinem Onkel nicht aus böser Absicht auf den Popo oder weil er ihn nicht mag. Im Gegenteil, er freut sich so über den Besuch und weil er nicht weiß, wie er den Kontakt aufnehmen soll, wie er die Aufmerksamkeit auf sich lenken kann, reagiert er (in seinen Augen) mit Spaß, der von uns Erwachsenen nicht richtig interpretiert wird. Als Eltern können wir in dieser Situation unserem Kind helfen, indem wir sagen: „Du möchtest Onkel Andreas begrüßen? Er freut sich sicher, wenn Du ihm Fünf gibst/mit ihm einklatscht.“

Wir Eltern sind für unsere Kinder jene Menschen mit viel Erfahrung, die sie in die große Welt einführen. Kinder lernen von uns – unser gutes Vorbild und die Begleitung unserer Kinder können in den meisten Situationen helfen. Sobald unsere Kinder gelernt haben, sich gut auszudrücken, wird das Schlagen auch aufhören.