Mediennutzung im Familienalltag

„Ich werde den Fernseher/Laptop nie bei meinem Kind als Babysitter verwenden. Sicher nicht!“
Bevor wir Eltern werden, haben wir viele Vorsätze, wie wir uns die Erziehung der eigenen Kinder vorstellen, was wir sicher anders machen werden … und dann, irgendwann holt uns die Realität ein.

  • Du bist gerade krank, hast überhaupt keine Kraft für irgendetwas, keine Unterstützung von der Familie oder einem Babysitter und schon bist Du über einen Kinderfilm froh, dass dein Kind sich anschauen kann , damit du selbst Kraft tanken oder dich auskurieren kannst.
  • Gerade hast Du erfahren, dass der Kindergarten wegen Corona gesperrt ist, dein Kind ist ab sofort in Quarantäne, du selbst im Homeoffice. Für ein wichtiges Meeting schaltest du deinem Kind eine Kinderserie ein.
  • Du hattest einen harten Tag, bist unendlich erschöpft, deine Kinder streiten unentwegt, du merkst, wie die Luft bei dir langsam ausgeht und erlaubst deinen Kindern eine Spielrunde am Nintendo oder Smartphone. Hauptsache du kannst dich kurz hinlegen und es herrscht kurz Ruhe.

Kennst Du diese Situationen in deinem Leben? Wenn nicht, dann fühle dich glücklich. Wenn ja, sei dankbar für deine Mutterschaft und für die digitalen Medien. Auch ich selbst habe solche Tage erlebt und auch schon einmal eine DVD als Babysitter missbraucht. Schlechtes Gewissen habe ich keines … warum?

  • Weil es eine Ausnahme ist und nicht Dauerzustand bei uns zu Hause!

In unserem Haus herrscht eine klare Regel für meine Volksschulkinder: 20 Minuten am Computer spielen oder eine Serie schauen und danach ab an die frische Luft oder ein gemeinsames Spiel spielen. Mir ist wichtig, dass sich mit den Medien bewusst auseinandersetzen und dabei Freude haben. Ich merke auch, dass das Sitzen vor dem Bildschirm in meinen Kindern die Energie anstaut. Daher ist es mir wichtig, dass sie danach Bewegung machen, damit die Reizüberflutung wieder weichen kann.

Auf die oft gestellte Frage, wieviel Zeit vor den Medien ist denn gut für mein Kind, habe ich keine konkrete Zeitangaben. Wichtig ist die Zeit, die dein Kind OHNE Medien verbringt. Was macht dein Kind, wenn es nicht vor den Medien sitzt? Hat es genügend reale Erlebnisse in seinem Leben? Das beste Spiel ist die Natur! Die Zeit vor den Medien ist eine tote Zeit, die den meisten Kindern irgendwo fehlt: am Spielplatz, bei der Zeit mit der Familie, bei den Aufgaben, beim Schlafen. Daher ist es mir wichtig, dass meine Kinder genügend andere Freizeitangebote nutzen … eines davon ist Computer spielen.

 
Zur medienfreien Zeit sind auch die medienfreien Orte wichtig, Das sind bei uns der Esstisch und die Schlafbereiche. Warum? Wenn wir als Familie bei Tisch zusammenkommen, möchten wir unsere Beziehung zueinander stärken und uns auch in die Augen schauen. Bei Tisch ist uns unser reales Gegenüber wichtiger, als das blinkende Smartphone. Manchmal gar nicht so einfach im Alltag – ich schalte da meist mein Handy auf lautlos, um nicht abgelenkt zu werden.

Und im Schlafzimmer wollen wir uns vom Alltag erholen, wir wollen gut schlafen und entspannen können – auch das geht nicht, wenn im Hintergrund etwas piepst und um unsere Aufmerksamkeit buhlt.

Medienfreie Zonen sind notwendig, damit auch unser Geist kreativ werden kann, sich entfalten kann. Gelerntes wird in einer medienfreien Zone gefestigt und abgespeichert. Für unser Gehirn ganz notwendig, dass es nicht andauernd mit Eindrücken vollgestopft wird, sondern auch einmal im Leerlauf, im Stand by Modus laufen kann. Ein Stand by Modus ist aber nicht, wenn ich mir einen Film anschaue – auch da wird mein Gehirn berieselt.

Daher im Alltag immer wieder medienfreie Zonen einbauen! 

Nebenbei angemerkt: Medien vor dem Schlafengehen sind ein No Go. Gerade in der Kleinkind- und Vorschulzeit, wenn aufgrund der magischen Phase (zwischen 3. und 5. Lebensjahr, die Zeit, wo es Hexen und Drachen wirklich gibt)  Phantasie und Wirklichkeit in der kindlichen Vorstellung oft noch eins sind, können die Fernsehbilder des Tages abends und nachts lebendig werden und zu Einschlafängsten und Alpträumen führen.  Es gibt Kinder, die dann die Bilder im Kopf verarbeiten und einfach nicht einschlafen können. Sie stellen dann auch ganz viele Fragen, die sie noch beantwortet haben wollen – unsere Geduld wird dann sehr auf die Probe gestellt.  Daher in den letzten beiden Stunden vor dem Schlafengehen kein Fernsehen oder Videospiele. Besser zusammengekuschelt eine Gute Nacht Geschichte lesen.

  • Weil die Benutzung der Medien zur Entspannung eine Strategie von vielen sein kann.

Es war in der Schule anstrengend und dein Kind will sich danach entspannen und sich eine Serie anschauen oder ein Spiel spielen. Ja, Medien können entspannend sein. Wichtig ist, dass dein Kind auch lernt, dass es andere Methoden zur Entspannung gibt, als sich berieseln lassen: ein ruhiges Spiel, eine  Massage, eine Meditation oder einfach mal beim Fenster rausschauen. Dr. Yazdi, Facharzt für Psychiatrie und Suchtforschung am Uniklinikum Linz, sagt: „Ein gesundes Kind ist ein vielfältiges Kind!“ Das heißt, ein Kind, das verschiedene Hobbies hat, sich viel bewegt und auch bei der Entspannung auf  unterschiedliche Strategien zurückgreifen kann, ist ein gesundes Kind.

  • Weil es in diesen jeweiligen Situationen die beste Möglichkeit war, mir das Bedürfnis nach Ruhe, Arbeit, Erholung, … zu erfüllen.

Wenn alle Stricke reißen, der Babysitter, die Oma/Opa  gerade nicht in der Nähe, Bücher bereits vorgelesen wurden, die alte Legokiste aus dem Keller geholt und bespielt wurde, dann können eben auch die Medien eine Möglichkeit sein, dass ich mir das Bedürfnis nach Ruhe erfülle.

  •  Weil es diese Tage gibt, die wir vielleicht aus unserem Kalender streichen möchten.

Hier gilt als oberste Regel, den Tag gut zu überleben. Und am nächsten Tag ist es wieder anders, weil vielleicht die Sonne scheint und die Kinder glücklich in der Sandkiste spielen oder sie eine Idee haben und die Geschichte aus dem Film nachspielen. Also, wenn es diesen Tag gibt, an dem du vielleicht (unter anderen Bedingungen) alles anders gemacht hätte, sei nicht streng mit dir … sei dankbar, dass du eine Lösung gefunden hast.

veröffentlicht am 21. März bei den Babymamas