Wie geht es Euch denn mit dem Nein sagen? Ganz ehrlich? Ich habe die Beobachtung gemacht, dass wir Mütter uns manchmal ganz schön schwer damit tun, unseren Kindern ein klares Nein zu sagen. Väter tun sich leichter ein klares Nein zu sagen, aber auch nicht immer …
Da wurschteln wir uns lieber durch und reden um den heißen Brei herum, anstatt klipp und klar Nein zu sagen. Warum ist das so? Weil wir Angst haben, den anderen vor den Kopf zu stoßen mit unserem Nein, weil wir unser Gegenüber nicht verletzen wollen oder enttäuschen wollen. Und dann sagen wir ein halbherziges Ja, um dem Konflikt aus dem Weg zu gehen. Aber was macht das mit uns? Jesper Juul beschriebt das in seinem Buch „Nein aus Liebe“: Wenn ich jedes Mal mich selbst aufopfere und Kompromisse schließe, wenn ich meine Grenzen, Bedürfnisse und Werte aufgebe, dann leidet meine Lebensqualität darunter und auch die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen. Und grad in Bezug auf meine Kinder und meinen Partner möchte ich, dass wir eine gute Beziehung führen, die auf gegenseitigem Verständnis und Respekt aufbaut.
Und dazu ist es wichtig, ein klares Nein zu sagen.
Es ist wichtig für uns Eltern, Nein zu sagen, dass unser Kinder lernen, unsere Grenzen und Bedürfnisse zu respektieren, dass sie lernen, dass auch wir Eltern Zeit für uns selbst brauchen. Ein klares Nein, hat nichts mit Schimpfen und Maßregeln zu tun, es ist nicht herablassend und angreifend. Wie geht das mit dem klaren Nein?
Wenn mein 2-jähriges Kind mir die Brille von der Nase zerrt, kann ich ganz unpersönlich sagen: „Mit Brillen spielt man nicht. Die kosten viel Geld“ oder aber „Nein, das will ich nicht!“, „Ich verstehe, dass Dich die Brille interessiert, aber ich will das nicht!“
Oder wenn meine 4-jährige Tochter mich unterbricht, wenn ich mit meinem Mann spreche, kann ich sagen „Mama will mit Papa sprechen“. Wenn ich aber von mir in der dritten Person spreche, besitze ich noch weniger Überzeugungskraft. Daher „ich will zuerst mit Papa sprechen, dann reden wir miteinander.“
Also je persönlicher und selbstsicherer wir Eltern uns zu unseren Kindern ausdrücken, desto eher lernen sie unser Nein zu akzeptieren. Ich selbst merke, dass ich mir manchmal schwer tue mit einem klaren Nein. Eben wie schon erwähnt, möchte ich meine Kinder nicht verletzen, ich druckse herum und winde mich. Ich habe aber an mir selbst beobachtet, dass wenn ich es wirklich schaffe, klar und deutlich Nein zu sagen, es eigentlich sehr gut funktioniert und die Kinder mein Nein akzeptieren. Es mag vorkommen, dass sie vielleicht traurig sind und weinen – aber das ist meistens nur kurz, denn mein Nein ist so stark, dass sie merken, ok – das ist jetzt so. Es hilft dann, sie zu trösten und sie in den Armen zu nehmen (falls sie das wollen). Zum Beispiel ist das Schlafengehen manchmal eine mühsame Situation. Die Kinder sind müde und ich selbst auch schon fertig vom ganzen Tag. Unser Ritual ist es, dass es vor dem Schlafen gehen noch eine Gute Nacht Geschichte gibt, die wir ihnen vorlesen – ein Buch. Und natürlich probieren sie es immer wieder, ob vielleicht noch ein zweites Buch vorgelesen wird. Wenn ich überlege und mit Ausreden beginne, warum ich ihnen kein Buch mehr vorlesen möchte (weil es spät ist und sie morgen früh aufstehen müssen), ist die Eskalation gewiss – Geschrei, Wutausbrüche, etc folgen. Sag ich aber ganz klar Nein – jetzt ist Schlafenszeit, ich möchte, dass ihr Euch jetzt ins Bett legt, gibt es keine Diskussionen mehr.
Warum ist unser klares Nein noch wichtig? Unsere Kinder lernen durch unser starkes Nein auch selbst Nein zu sagen. Da liegt es an uns, auch das zu unterstützen. Denn ich möchte nicht, dass jemand Fremder den Körper meines Kindes berührt. Damit mein Kind aber in dieser Situation klar Nein sagen kann, muss es auch Nein sagen dürfen bei kleinen Dingen. Nein sagen, muss eingeübt werden und von uns Erwachsenen auch akzeptiert werden! „Nein Mama, ich möchte dem Kind meinen Traktor nicht borgen!“ „Nein, diese Hose will ich nicht anziehen!“ „Nein, ich will jetzt kein Bussi von dir!“
Nur wenn mein Kind lernt, Nein zu sagen und gleichzeitig das Nein anderer zu akzeptieren, lernt es zu seinen eigenen Bedürfnissen und Grenzen zu stehen und auch die Bedürfnisse anderer zu respektieren. Diese Kinder, so Jesper Juul, „werden nicht mobben und werden niemals gemobbt. Sie stehlen nicht in Geschäften, auch wenn es Freunde tun. Sie diskutieren mit Erwachsenen offen über ihre Meinungsunterschiede.“
Ich bemühe mich daher, immer öfter klar Nein zu sagen, denn ich weiß, dadurch lernen es meine Kinder auch und werden so zu starken Persönlichkeiten, die wissen, was sie wollen und was nicht. Und letztens erzählte mir die Kindergärtnerin unseres Jüngsten, wie er zweimal vehement Nein sagte, als er gefragt wurde, ob er basteln will. Nun gut, er kann es schon, dass Nein sagen.