Kampf dem (weihnachtlichen)Perfektionismus

Zu Weihnachten ist er am Schlimmsten, zu Weihnachten ist es ganz schwer ihn loszulassen, dabei mag ich ihn eigentlich gar nicht. Worüber ich schreibe? Über den Perfektionismus in mir. Kennt ihr DEN?

Gerade zu Weihnachten muss alles einfach perfekt sein: die Wohnung blitzblank geputzt, das Essen so köstlich wie sonst nie, von den Keksen noch mehr Auswahl als letztes Jahr, die Deko muss mindestens genauso gelungen sein wie letztes Jahr und selbstverständlich zum Christbaum passen – welche Farbe soll’s denn heuer sein? Die Geschenke sollen auch perfekt sein und eventuell noch größer und die Stimmung soll natürlich auch perfekt harmonisch sein …

Doch dann kommt das böse Erwachen und/oder maximaler Stress, weil die Erwartungen nicht der Realität entsprechen.

Und jetzt?

Nun jetzt einmal tief durchatmen und überlegen, denn noch ist es nicht zu spät, sich zurückzubesinnen und sich selbst zu überlisten.

Perfektionismus muss nicht sein – weder im Alltag und schon gar nicht zu Weihnachten.

Unter Perfektionismus verstehe ich den Drang, mehr zu machen als verlangt oder nötig ist sowie das Feilen an unnötigen Details. Perfektionismus kostet Zeit. Meistens reicht ein „gut“ vollkommen aus. Das heißt, ich erledige die Aufgaben so gut wie notwendig – aber nicht perfekt.

Wer kennt so jemanden oder erkennt sich selbst in diesen Beispielen:

  • die Freundin, die nie einfach nur zum Käsebrot einlädt, sondern stets zum 5-Gänge-Menü.
  • der Nachbar, bei dem es immer aussieht wie im Einrichtungskatalog.
  • der Vater, der die Arbeit von der Firma mit nach Hause nimmt, um noch an ganz wichtigen Details zu feilen.
  • die Mutter, die den ganzen Tag hinter ihren Kindern her ist, damit sie stets die Hausaufgaben machen und pünktlich zum Tennis-/Geigen-/Ballettunterricht kommen und danach noch die Wohnung von allen Bröseln befreit.

All das sind Beispiele für ungesund gelebten Perfektionismus. Diese Personen können nicht loslassen.

Bitte nicht falsch verstehen … ich hab nix gegen einen sauberen Haushalt, gegen Eltern, die mit ihren Kindern viel unternehmen oder gegen ein 5-Gänge-Menü. Wir dürfen und sollen ehrgeizig sein – nur so geht etwas voran. Wir dürfen uns auch festbeißen, anstrengen und es noch besser machen wollen. Ehrgeiz ist prima, sein Bestes geben zu wollen, ist auch richtig. Wichtig hierbei ist es jedoch, die Grenze zu sehen zu „der Beste sein wollen“. Übertriebener Perfektionismus ist nämlich für niemanden mehr nützlich! Der Perfektionist selbst wird dadurch irgendwann krank. Wenn ich mein Bestes geben will und auch gebe, so muss das reichen … und tut es in der Regel auch!

Vor allem wir Mütter neigen eher zum Perfektionismus, weil wir es allen recht machen wollen und auch zeigen wollen, ich kann das: Mutter sein, arbeiten gehen, Ehefrau und Freundin – ich schaffe alles 100%. Und dann fällt uns noch das Nein sagen nicht so leicht.

Die Ursachen für Perfektionismus liegen in den eigenen Wurzeln – also in der Art und Weise, wie ich aufgewachsen bin. Hier spielt natürlich sowohl Erziehung als auch das Lernen am Vorbild eine Rolle:

  • Wie waren meine Eltern so unterwegs beim Thema Perfektionismus?
  • Konnte meine Mutter sich entspannen und den Staub auch mal in Ruhe lassen oder sah es immer wie geschleckt aus?
  • War der Vater in der Lage, auch mal abzuschalten und sich ausschließlich um sich und seine Familie zu kümmern?
  • Musste ich mir Zuneigung und Liebe durch Leistung erkaufen?
  • Durfte ich einfach „nur“ Kind sein oder wurde ich schon früh in viele „pädagogisch wertvolle“ Hobbys getrieben?

Wenn ich mir meiner Wurzeln bewusst werde, kann ich an mir arbeiten und auch etwas ändern und dann einmal ganz bewusst den Kaffee genießen, obwohl am Boden Brösel liegen.

Oder auch Weihnachten feiern, ohne dass ich davor wie ein gehetztes Huhn von einem Shoppingcenter zum anderen laufe, alle Ecken in meiner Wohnung poliere, 20 verschiedene Kekssorten backe und nebenbei vor lauter Stress meine Liebsten anbrülle.

Also, besinnen wir uns auf das Wichtige, setzen Prioritäten und geben unser Bestes – aber ohne Übertreibung – es muss nicht alles sein! Manchmal ist es wichtig, die Füße hochzulegen und mit den Kindern eine Runde zu kuscheln oder zu blödeln und ihnen zu sagen, wie lieb man sie hat. Einfach so – ohne Grund!

Frohe Weihnachten!